Alice Rieder und Florian Kaltseis
Das Forschungszentrum ICAIOS
(International Center for Aceh and Indian Ocean Studies) geht ursprünglich auf
die Idee zurück, zweijährlich eine internationale Konferenz abzuhalten, um Kooperationen
in der Forschung zu Aceh und rund um den indischen Ozean zu ermöglichen.
Gleichzeitig wurden Forschungstrainings für StudentenInnen und WissenschaftlerInnen
aus Aceh durchgeführt. Finanziert wurde dieses Projekt unter anderem mit
Mitteln aus Australien, Norwegen, Schweden und Singapur. Die erste ICAIOS-Konferenz
fand 2007 statt. Der langjährige Konflikt in Aceh führte zu einer Abwanderung von
AkademikerInnen. Hinzu kam, dass viele Wissenschaftler im Tsunami ums Leben
kamen. Mit dem ICAIOS-Projekt wollten die Geldgeber akademische Ressourcen wiederaufbauen.
Bemerkenswert ist der in
ICAIOS verfolgte regionalwissenschaftliche Ansatz, der ansonsten leider zunehmend
ins Hintertreffen gerät. Das Konzept versucht, die Region Aceh im Kontext der Region
des indischen Ozeans interdisziplinär zu analysieren und dabei Konzepte aus
verschiedenen Fachwissenschaften anzuwenden. Neben sozialwissenschaftlichen
Betrachtungen werden auch Ansätze des Katastrophenmanagements und zum
Klimawandel verfolgt. Was ursprünglich als Konferenz gedacht war entwickelte
sich über die Jahre zu einem erfolgreichen Forschungsinstitut, das sich
nachhaltig in regionale Strukturen integrieren konnte und von diesen getragen
wird. Das Forschungsinstitut wird paritätisch von den drei großen Universitäten
Acehs verwaltet.
Tsunami - Experten ergänzen unsere Recherchen
Einige unserer Kollegen und
Kolleginnen hatten die besondere Möglichkeit, vor wissenschaftlichen Vertretern
von ICAIOS die Ergebnisse unsere Recherchen zu präsentieren. Die Reaktionen auf
unsere Präsentationen waren positiv, da unsere Ergebnisse scheinbar ein gutes
Bild der Realität zeigten.
Florian Kaltseis und Valentin
Weber haben einen kurzen Input zum Thema des Wiederaufbauprozesses nach dem
Tsunami 2004 in Aceh gegeben. Glücklicherweise reagierte die internationale
Gemeinschaft (sowohl Staaten als auch Privatpersonen) mit einer noch nie
gesehenen Spendenbereitschaft, sodass mehr Mittel zur Verfügung standen als
für die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Tsunami nötig gewesen wären. Die
Herausforderung bestand darin, dieses Geld in die richtigen Kanäle zu leiten um
einen raschen Wiederaufbau zu organisieren und zu koordinieren. Die
indonesische Regierung gründete zu diesem Zweck eine eigene Institution, um den
Wiederaufbau zu koordinieren (BRR).
Jan Niklas Janoth erläuterte den Aufprall der Welle
sowie die Folgen für die Bevölkerung. Er erklärte die Verteilung der Opfer nach
Geschlecht und Alter. Die Experten von ICAIOS machten uns darauf aufmerksam,
dass es darüber hinaus auch zu einer langfristigen sozialen Segregation kam. Grundstücke
in den küstennahen Regionen fielen stark im Preis, da sie nach dem Tsunami
unbeliebt waren. Das führte dazu, dass diese Gebiete heute zu großen Teilen von
der sozioökonomisch schwächeren Bevölkerung bewohnt werden.
Relevanz des Aceh-Konflikts
Max Mannheim und Sarah Bertemes präsentieren die Ergebnisse ihrerer Recherchen |
Lukas Belazzi, Sarah Bertemes, Julia Böhm, Philip
Herzog, Max Mannheim und Lisa Schrattenecker referierten jeweils zu
verschiedenen Aspekten des Konfliktes zwischen der Unabhängigkeitsbewegung in
Aceh und der indonesischen Regierung. Einmal mehr wurde uns bewusst, dass wir
den Wiederaufbau nach der Katastrophe nur in Zusammenhang mit der
konfliktreichen Vergangenheit von Aceh und dessen Unabhängigkeitsbewegung
verstehen können. Die Beiträge der anwesenden Wissenschaftler, die die Situation teilweise vor Ort miterlebt haben, gaben uns einen realistischeren Eindruck der Situation.
Die Experten sehen in nächster Zukunft keine Gefahr
für Eskalation. Es ist ein großer Erfolg, dass der bewaffnete Konflikt beendet
werden konnte und Differenzen zwischen Aceh und Jakarta nunmehr durch
Institutionen demokratisch ausgetragen werden.
Wir freuen uns, bei ICAIOS einige der Menschen
kennen gelernt zu haben, deren Veröffentlichungen wir in den letzten Monaten
gelesen haben. Die offene Diskussion mit den anwesenden Experten hat uns
geholfen die grundlegenden Zusammenhänge zwischen den Konflikten und der Naturkatastrophe
zu erkennen.
Ein Gruppenfoto unerer Exkursionsgruppe gemeinsam mit den Experten von ICAIOS |
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