Montag, 28. August 2017

Zu Gast bei ICAIOS

Alice Rieder und Florian Kaltseis


Das Forschungszentrum ICAIOS (International Center for Aceh and Indian Ocean Studies) geht ursprünglich auf die Idee zurück, zweijährlich eine internationale Konferenz abzuhalten, um Kooperationen in der Forschung zu Aceh und rund um den indischen Ozean zu ermöglichen. Gleichzeitig wurden Forschungstrainings für StudentenInnen und WissenschaftlerInnen aus Aceh durchgeführt. Finanziert wurde dieses Projekt unter anderem mit Mitteln aus Australien, Norwegen, Schweden und Singapur. Die erste ICAIOS-Konferenz fand 2007 statt. Der langjährige Konflikt in Aceh führte zu einer Abwanderung von AkademikerInnen. Hinzu kam, dass viele Wissenschaftler im Tsunami ums Leben kamen. Mit dem ICAIOS-Projekt wollten die Geldgeber akademische Ressourcen wiederaufbauen.

Von r. nach l.: Yusni Sabi (ehem. Direktor der Islam Universität Banda Aceh),
Gunnar Stange (Exkursionsleiter), Teuku Zulfikar (Executive Director ICAIOS),
Shadia Marhaban (Conflict Transition Assistant)


Bemerkenswert ist der in ICAIOS verfolgte regionalwissenschaftliche Ansatz, der ansonsten leider zunehmend ins Hintertreffen gerät. Das Konzept versucht, die Region Aceh im Kontext der Region des indischen Ozeans interdisziplinär zu analysieren und dabei Konzepte aus verschiedenen Fachwissenschaften anzuwenden. Neben sozialwissenschaftlichen Betrachtungen werden auch Ansätze des Katastrophenmanagements und zum Klimawandel verfolgt. Was ursprünglich als Konferenz gedacht war entwickelte sich über die Jahre zu einem erfolgreichen Forschungsinstitut, das sich nachhaltig in regionale Strukturen integrieren konnte und von diesen getragen wird. Das Forschungsinstitut wird paritätisch von den drei großen Universitäten Acehs verwaltet.

Tsunami - Experten ergänzen unsere Recherchen

Einige unserer Kollegen und Kolleginnen hatten die besondere Möglichkeit, vor wissenschaftlichen Vertretern von ICAIOS die Ergebnisse unsere Recherchen zu präsentieren. Die Reaktionen auf unsere Präsentationen waren positiv, da unsere Ergebnisse scheinbar ein gutes Bild der Realität zeigten.
Florian Kaltseis und Valentin Weber haben einen kurzen Input zum Thema des Wiederaufbauprozesses nach dem Tsunami 2004 in Aceh gegeben. Glücklicherweise reagierte die internationale Gemeinschaft (sowohl Staaten als auch Privatpersonen) mit einer noch nie gesehenen Spendenbereitschaft, sodass mehr Mittel zur Verfügung standen als für die Wiederherstellung des Zustandes vor dem Tsunami nötig gewesen wären. Die Herausforderung bestand darin, dieses Geld in die richtigen Kanäle zu leiten um einen raschen Wiederaufbau zu organisieren und zu koordinieren. Die indonesische Regierung gründete zu diesem Zweck eine eigene Institution, um den Wiederaufbau zu koordinieren (BRR).
Jan Niklas Janoth erläuterte den Aufprall der Welle sowie die Folgen für die Bevölkerung. Er erklärte die Verteilung der Opfer nach Geschlecht und Alter. Die Experten von ICAIOS machten uns darauf aufmerksam, dass es darüber hinaus auch zu einer langfristigen sozialen Segregation kam. Grundstücke in den küstennahen Regionen fielen stark im Preis, da sie nach dem Tsunami unbeliebt waren. Das führte dazu, dass diese Gebiete heute zu großen Teilen von der sozioökonomisch schwächeren Bevölkerung bewohnt werden.

Relevanz des Aceh-Konflikts


Max Mannheim und Sarah Bertemes präsentieren die Ergebnisse ihrerer Recherchen


Lukas Belazzi, Sarah Bertemes, Julia Böhm, Philip Herzog, Max Mannheim und Lisa Schrattenecker referierten jeweils zu verschiedenen Aspekten des Konfliktes zwischen der Unabhängigkeitsbewegung in Aceh und der indonesischen Regierung. Einmal mehr wurde uns bewusst, dass wir den Wiederaufbau nach der Katastrophe nur in Zusammenhang mit der konfliktreichen Vergangenheit von Aceh und dessen Unabhängigkeitsbewegung verstehen können. Die Beiträge der anwesenden Wissenschaftler, die die Situation teilweise vor Ort miterlebt haben, gaben uns einen realistischeren Eindruck der Situation.

Die Experten sehen in nächster Zukunft keine Gefahr für Eskalation. Es ist ein großer Erfolg, dass der bewaffnete Konflikt beendet werden konnte und Differenzen zwischen Aceh und Jakarta nunmehr durch Institutionen demokratisch ausgetragen werden.

Wir freuen uns, bei ICAIOS einige der Menschen kennen gelernt zu haben, deren Veröffentlichungen wir in den letzten Monaten gelesen haben. Die offene Diskussion mit den anwesenden Experten hat uns geholfen die grundlegenden Zusammenhänge zwischen den Konflikten und der Naturkatastrophe zu erkennen.

Ein Gruppenfoto unerer Exkursionsgruppe gemeinsam mit den Experten von ICAIOS

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