Donnerstag, 31. August 2017

Warum lachen die immer alle?

Von Anna Schmidt & Thomas Trubatsch

Bevor wir nach Aceh reisten, stammte unser Bild über diese Provinz zum größten Teil aus den österreichischen Medien und ließ sich im Prinzip so zusammenfassen: Verheerender Tsunami, jahrzehntelanger Bürgerkrieg, reißerische Begriffe aus Schlagzeilen wie  „Hardcore-Islam“. Gedrückte Stimmung, verschlossenen Menschen, Auspeitschungen nach Scharia-Gesetz und verschleierte Frauen – Wir waren auf alles gefasst.  Nur nicht darauf, wie es dann wirklich war.

Unerklärlich gute Stimmung


Das Allererste, das uns auffiel, was sich immer wieder Bahn brach in fremden Gesichtern und sich auf uns übertrug, war das häufige Lachen und Lächeln der Menschen. Ein freundliches kurzes Zunicken, ein Lächeln oder auch lautes, fröhliches Lachen. Auf dem Markt, im Café, an Essensständen und Bushaltestellen, auf Fähren und einfach so, auf der Straße – Ständig fragten wir uns: Warum lachen die eigentlich immer alle?!
Besonders erstaunlich fanden wir dabei auch die Frauen. Denn anders als erwartet, waren sie keinesfalls „unsichtbar“ unter ihren Kopftüchern, sondern im Gegenteil sehr präsent. Wir trafen unter anderem auf professionelle weibliche Tourguides, Uniprofessorinnen, Studentinnen, Cafébesitzerinnen und politische Aktivistinnen. Und auch bei nur kurzen Begegnungen auf der Straße, fiel uns auf, wie direkt und offen ihr Blick war, wie selbstbewusst und bestimmt ihr Auftreten. Häufig sprachen uns Frauen auch einfach an, knipsten Selfies, und – was sonst?- lachten ihr ansteckendes Lachen mit uns.

Viktoria und Julia gemeinsam mit Einheimischen vor der Großen Moschee in Banda Aceh

Lachen mit vielen Gesichtern

 

Andererseits hat das Lachen natürlich viele Gesichter. Insbesondere das sprichwörtliche „asiatische Lächeln“ - Für den westlichen Blick häufig kaum zu durchschauen, was sich dahinter verbirgt.
Manchmal irritierte es uns auch, dieses ständige Lachen, zum Beispiel wenn Menschen, die von den furchtbaren Dingen, die sie während des Tsunamis erlebt hatten, immer wieder Witze über das eigene Schicksal machten. So unter anderem die Antwort eines Bootsbesitzers auf die Frage, ob er Angst habe vor einem erneuten Tsunami: „I´m not afraid! If Tsunami comes, I take my boat and ride the wave. Like surfing! Hahaha!” Sicher ist auch das einfach eine Art, mit dem Erlebten umzugehen, es zu bewältigen. Und auch ein anderer Satz dieses Mannes blieb uns im Kopf: „Around here, everbody Tsunami. Everyone same. You cannot be sad.“ Vielleicht erklärt das ein wenig, wie positiv die Menschen hier immer wieder von der Zukunft sprachen, davon, wie das Leben weiterging nach der Katastrophe, weil es ja weitergehen musste. 

Begegnung als Menschen


"Harte Schicksale, Ängste, und schwere Gedanken - Im Moment allerdings scheinen sie ganz weit weg. Warum? Ganz einfach weil die Gruppe acehnesischer Männer, die uns gegenüber vor ihrem Kaffee sitzt, alle drei Minuten unerklärliche Lachanfälle bekommt. Sie schütten sich aus, prusten kollektiv los, kriegen sich gar nicht mehr ein.  Warum wissen nur sie selbst, oder vielleicht wissen sie´s selbst nicht, aber das ist auch gar nicht wichtig, denn eines steht fest: Ihr Lachen ist ansteckend, es freut alle Beteiligten, und es öffnet uns Türen. Türen zu Räumen, in denen wir uns begegnen können. Und zwar nicht als „Touristen“ und „Einheimische“ oder „Opfer“ und „Betroffene“, sondern einfach als Menschen.

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