Jan-Niklas Janoth & Christine Anna Winkler
Am 25. August
2017 fand der erste Tag der Auslandsexkursion “Wiederaufbau nach der
Katastrophe” unter der Leitung von Dr. Gunnar Stange und Prof. Patrick
Sakdapolrak in Indonesien/Thailand statt. Nach der Ankunft in Banda Aceh, der
Hauptstadt der Provinz Aceh, ging es direkt ins Tsunami-Museum Aceh, welches
aus einem riesigen Betonbau besteht und als Andenken für die Opfer der
Naturkatastrophe dienen soll. Diese Katastrophe, welche schwere
wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgen mit sich brachte, ereignete
sich am 26. Dezember 2004 um 8 Uhr morgens Ortszeit im Indischen Ozean. Durch
die Auseinanderbewegung der indischen, eurasischen und australischen Platten
wurde ein Erdbeben mit der Stärke
8.9 (laut Tsunami-Museum) auf der Richterskala erzeugt. Dadurch wurde
einer der schwersten Tsunamis der Menschheitsgeschichte ausgelöst. Er kostete
über 230.000 Menschen in acht Ländern das Leben. Im Museum wurden uns in einer
anschaulichen Führung durch die aufgeweckte Frau Raihal Fajriah die Entstehung
sowie die Folgen und die Maßnahmen zur Behebung der Katastrophe nähergebracht.
Foto 1: Tsunami Museum Aceh:
Trauerwand mit Namen der Opfer
(Foto: Jan-Niklas Janoth) |
Fakten der
Zerstörung
Eine Tatsache,
die uns immer wieder vor Augen geführt wurde, war die beträchtliche Höhe der
dritten Welle von 32 Metern. So betrug beispielsweise die Länge des Tunnels auf
dem Weg zur Memorial Hall 32 Meter, aber auch die Ruang Sumur Do’a (Chamber of
blessing) war 32 Meter hoch. Die anderen beiden Wellen, welche der größten Welle
vorangingen, waren kleiner (15 Meter bzw. 20 Meter). Durch die Abfolge mehrerer
Wellen und ihrer Sogwirkung war der Grad der Zerstörung immens. Dabei waren
jedoch hauptsächlich mittransportierte Materialien wie Autos und Häuserteile
für den Großteil der Zerstörung verantwortlich. Insgesamt betrug der Anteil der
Schäden, welche durch den Tsunami verursacht wurden 85 %, die weiteren 15 % entstanden
durch das Erdbeben. Zwischen dem Erdbeben und dem Tsunami vergingen nur 25
Minuten, weshalb viele Menschen kaum Gelegenheit zur Flucht hatten.
Interessanterweise gab es auf der südwestlich von Aceh gelegenen Insel Simeulue
nur sieben Todesopfer zu beklagen. Die InselbewohnerInnen hatten ihr Wissen
über den Tsunami, der sich 1907 ereignete, über mehrere Generationen weitergegeben.
Sie wussten, dass ein schneller Rückgang des Meeres einen Tsunami ankündigt und
flüchteten sich daher rechtzeitig in höhere Lagen.
Bild 2 & 3: Tsunami Museum Aceh: Modell der Stadt Banda Aceh vor und nach dem Tsunami (Foto: Jan-Niklas Janoth)
Das gestrandete Museum
Im Museum „Kapal
PTLD Apung I“, unserer zweiten Station nach dem Tsunami-Museum, wurden mehrere
interessante Grafiken und Modelle zur Veranschaulichung der Entstehung und der
Folgen des Tsunami dargestellt. Das Außergewöhnliche an diesem Museum war die
Tatsache, dass es sich dabei um ein 206 Tonnen schweres Schiff handelte,
welches durch die Kraft des Tsunami fünf Kilometer ins Landesinnere
transportiert wurde und anschließend zu einem Museum umfunktioniert wurde. Das
Schiff diente ehemals als Generator für Elektrizität und wurde in ganz
Indonesien je nach Bedarf eingesetzt. Der Platz auf dem das Schiff heute steht,
war während des Tsunami eine gewöhnliche Wohnsiedlung. Das Schiff begrub
tragischerweise zwei Häuser und zahlreiche Menschen unter sich. Dennoch hat es
für die einheimische Bevölkerung eine wichtige Bedeutung und wird als Denkmal angesehen.
Ebenfalls kann dieses Schiff bei erneutem Eintreten eines Tsunami, wie auch das
Tsunami Museum, als Evakuationsort genutzt werden.
Bild 4: „Kapal PTLD Apung I“ Museum: Ausblick vom Deck des Schiffes auf Banda Aceh (Foto: Jan-Niklas Janoth)
Bild 5: Tsunami Museum Aceh: Modell des ehemaligem Stromversorgungsschiffs und
heutigen Museums (Foto: Jan-Niklas Janoth)
Vergangenheitsarbeit für die Zukunft
Abschließend
besuchten wir die Nichtregierungsorganisation „Tikar Pandan“ in Banda Aceh, die
in ihren Räumlichkeiten das erste Menschenrechtsmuseum Indonesiens beherbergt,
das mit Hilfe freiwilliger Arbeit und Spenden eingerichtet wurde. Anliegen des
Museums ist es, auf die während des Konfliktes zwischen der Bewegung Freies Aceh
(GAM) und der indonesischen Zentralregierung verübten Menschenrechtsverbrechen
aufmerksam zu machen. Ein wesentliches Ziel besteht vor allem in der
Sensibilisierung der neuen Generation für das Thema, um eine offene und
tolerante Gesellschaft zu fördern, die sich gleichzeitig auf ihre Traditionen
besinnt und sich ihrer Geschichte bewusst ist. Leider erhalten die Bemühungen
von Tikar Pandan bisher kaum Unterstützung von staatlichen Stellen, die zu
großen Teilen von Tätern besetzt sind, die sich bis heute nicht für ihre
Verbrechen haben verantworten müssen.
Alles in allem wurde uns eins immer wieder vor Augen geführt: Der Tsunami 2004 war nicht nur ein physischer Schicksalsschlag, sondern auch ein psychischer. Jedoch, und das ist eine bemerkenswerte Eigenschaft der BewohnerInnen in Aceh, konnten sie die Not und das Leid in positive Energien umwandeln. So konnte der jahrzehntelange Konflikt zwischen der GAM und der indonesischen Zentralregierung beendet und der wirtschaftliche Anschluss Acehs an Indonesien ermöglicht werden.
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